Langen Vertragslaufzeiten oder doch nicht?

Eines vor weg, dies ist sicherlich keine Rechtsberatung, sondern lediglich meine Sicht der Dinge. Meine Ansicht, bzw. Deutung des Gesetzes kann falsch sein, so dass man sich unter keinen Umständen darauf verlassen sollte.
Dieser Text kann demnach höchstens als Anregung verstanden werden, einmal selber in seine Verträge und das Gesetz zu schauen und seine eigenen Schlüsse zu ziehen.
Wenn man eine Beratung braucht, oder sich unsicher ist, sollte man auf jeden Fall zu dem Anwalt seines geringsten Misstrauens gehen.

Nehmen wir einmal an, dass man einen langen Vertrag z.B. über ein halbes, oder sogar ein ganzes Jahr für einen Gameserver hat. Nehmen wir weiter an, man ist mit der Leistung des Servers bzw. des Anbieters unzufrieden, oder man hat für den Server keine Verwendung mehr.
In allen Fällen kommt man nicht aus dem Vertrag heraus und man muss bis zum Ende der Vertragslaufzeit bezahlen.
Dies ist natürlich ärgerlich und kann je nach Preis des Servers richtig teuer werden. Es wäre doch schön, wenn man doch irgendwie aus dem Vertrag heraus kommen würde.

Im Regelfall wird man den Vertrag über eine Webseite, per E-Mail, oder Telefon geschlossen haben, es sollte sich damit um einen Fernabsatzvertrag nach § 312b BGB handeln.

Bei Fernabsatzverträgen hat der Unternehmer, also der Hoster eine Reihe von Bestimmungen zu erfüllen. Unter anderem muss er den Verbraucher umfangreich informieren § 312c I BGB i.V.m. Art. 246 §§ 1,2 EGBGB. Erst wenn er diesen Informationspflichten nachgekommen und eine, dem Gesetz genügende, Widerrufsbelehrung erfolgt ist, beginnt die Frist für einen Widerruf bei Fernabsatzverträgen nach §§ 312d I, 355 überhaupt zu laufen. Was die Widerrufsbelehrung enthalten muss kann man in § 360 BGB nachlesen. Wenn ein Muster aus Anlage 1 oder 2 EGBGB verwendet wurde, sollte die Widerrufsbelehrung wirksam sein.

Wenn der Hoster seinen Pflichten nicht, oder nicht ausreichend nachgekommen ist, sollte man jederzeit widerrufen können § 355 IV BGB.
Es bietet sich also an, zu schauen, ob man überhaupt, und wenn ja, ausreichend über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist.

Ein konkretes Beispiel könnte folgendes sein:
Wie ich das Gesetz verstehe, wäre die Belehrung fehlerhaft, wenn der Hoster für den Widerruf die Schriftform fordert. Diese ist in § 126 BGB geregelt und soll wohl bedeuten, dass man einen Brief, oder Fax schicken muss. Nach § 360 I Nr. 2 BGB dürfte der Hoster lediglich die Textform nach § 126b BGB fordern, die auch die Verwendung von E-Mails erlauben sollte.

In so einem Fall müsste man also auch noch weit nach dem Vertragsschluss widerrufen können.
Bei Fernabsatzverträgen ist aber bei Gameservern wohl noch der § 312d VI BGB zu beachten, nach dem man Wertersatz für bereits erbrachte Dienstleistungen erbringen muss. Das müsste bedeuten, dass man zwar aus dem Vertrag heraus kommt, aber diesen bis zum Zeitpunkt des Widerrufs bezahlen muss.

Da die Pflichten sehr umfangreich und für viele schwer zu verstehen sind, ist die Chance groß, dass hier Fehler beim Hoster gemacht werden. Eine qualifizierte Prüfung des Vertrages und der Belehrungen durch einen Anwalt kann sich also durchaus lohnen.

Es könnte aber noch einen weiteren Weg geben, um den Vertrag zumindest in einen anderen umzuwandeln, der bessere Konditionen hat, wenn es sich um einen Half-Life 2 basierenden Gameserver wie Counter-Strike: Source, Team Fortress 2, oder Day of Defeat: Source handelt.

Viele Anbieter haben ihre Server mit hohen FPS Zahlen beworben. Viele haben auch Slogans wie 1000 FPS garantiert verwendet, bzw. minimale FPS Werte zugesichert.
Seit dem Update vom 28.06.2011 ist die Orangebox Engine von Haus aus nicht mehr in der Lage, FPS Werte oberhalb der 500 zu erreichen. Manche Hoster können weiterhin Werte oberhalb des von Valve gesetzten Limit erreichen. Andere hingegen schaffen dieses nicht mehr.

Wenn ein Hoster seinen Vertrag nicht mehr, wie versprochen erbringt, stellt sich die Frage, ob der Vertrag weiterhin zumutbar nach §§ 313,314 BGB ist.
Wenn eine geringere FPS Zahl zu einem schlechteren Server führen würde und der Hoster auch nach Aufforderungen, die Leistung zu verbessern nicht dazu in der Lage ist, sollte der Vertrag unzumutbar sein. Die Server sind durch die geringeren FPS aber nicht schlechter geworden. Lediglich der ausgegeben Zahlenwert ist geringer, als zugesagt.
Der Vertrag sollte demnach weiterhin zumutbar sein.

Durch die geringere FPS Zahl sollte man aber dennoch eine Vertragsanpassung nach § 313BGB einfordern können und so den monatlichen zu zahlenden Preis senken können.

All diese Aussagen sind, wie bereits einleitend geschrieben, nur mit Vorsicht zu genießen und sollen nur ein Denkanstoß sein. Wer sich genau und vor allem verbindlich informieren möchte, der muss zu einem Anwalt gehen.

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